Menschen in Not in Palästina und Israel
Die folgende Erklärung wurde vom Vorstand der Bonhoeffer-Niemöller-Stiftung am 2. Oktober 2025 auf der Vorstandssitzung in Wiesbaden als Positionspapier mit einer Gegenstimme angenommen.
- Wir bekennen uns zur Existenz des Staates Israel ebenso wie zum Recht des palästinensischen Volkes auf einen eigenen Staat in seinem angestammten Siedlungsgebiet. Wer Israel liebt und will, dass es bleibt, kann nicht wollen, dass es bleibt, wie es ist.
- Wir gehen in die Irre, wenn wir die historische Schuld des Holocaust durch kritiklose Treue zum Staat Israel kompensieren wollen. Kritiklosigkeit ist aber das Gegenteil von Freundschaft. Wer einen Freund in die Irre gehen lässt, ohne zu widersprechen, ist nicht sein Freund. Vielmehr gilt für uns das Wort des Apostels Paulus: Darum ermahnt euch untereinander und einer erbaue den andern (1Thess 5,11).
- Wir gehen in die Irre, wenn wir die bahnbrechende theologische Einsicht, dass Menschen jüdischen Glaubens Glaubensgeschwister aller Christenmenschen sind, auf geopolitische Verhältnisse anwenden. Aus dem biblischen Israel lassen sich keine Gebietsansprüche des modernen Staates Israel ableiten. Mit dem Propheten Jesaja träumen wir von einer Pilgerfahrt aller Völker nach Jerusalem um zu lernen: „Viele Völker werden hingehen und sagen: Kommt, lasst uns auf den Berg G‘ttes gehen, zum Hause des Gottes Jakobs, dass er uns lehre seine Wege und wir wandeln auf seinen Steigen! Denn von Zion wird Weisung ausgehen und G‘ttes Wort von Jerusalem. Und er wird richten unter den Völkern und zurechtweisen viele Völkerschaften. Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Denn es wird kein Volk gegen das andere das Schwert erheben, und sie werden künftig nicht mehr lernen, Krieg zu führen.“ (Jesaja 2,2-4).
- Wir gehen in die Irre, wenn wir uns die Deutungshoheit über den richtigen Umgang mit dem Staat Israel anmaßen und meinen, alle Welt müsse sich an unserer Sicht messen lassen und sich ihr beugen. Wir lassen uns mahnen vom Darmstädter Wort von 1947: „Wir sind in die Irre gegangen, als wir begannen, den Traum einer besonderen deutschen Sendung zu träumen, als ob am deutschen Wesen die Welt genesen könne.“
Wir warnen vor einer biblisch oder anderweitig begründeten Bevorzugung einzelner Völker, die als Rechtfertigung dient, andere Menschen zu diskriminieren. Konflikte enden, wenn die Interessen der jeweils anderen Seite anerkannt und berücksichtigt werden, damit ein Interessenausgleich stattfinden kann. Einen Konflikt beendet, wer anfängt aufzuhören.
- Wir gehen in die Irre, wenn wir die Augen davor verschließen, dass der Staat Israel, wie die meisten westlichen Demokratien, von Rechtspopulismus und Rechtsextremismus bedroht ist. Was etwa in Frankreich mit dem Rassemblement National oder in Deutschland mit der AfD als Bedrohung vor der Tür steht, ist in Israel wie in Ungarn oder den Niederlanden längst Realität: Rassisten und Rechtsextremisten sind Teil der Regierung und bestimmen deren Ausrichtung wesentlich mit. Dies zu ignorieren ist fahrlässig und gefährdet den Fortbestand Israels und seine Existenz als geachteter Demokratie im Nahen Osten. Darum sollten wir alles tun, um die israelische Zivilgesellschaft zu stärken. Wir sind solidarisch mit allen Menschen in Israel und Palästina, die sich weigern, Feinde zu sein.
In dem Dorf Peremoha östlich von Kyjiw bündelt sich wie unter einem Brennglas die Gewaltgeschichte der Ukraine im letzten und in diesem Jahrhundert. Nach Holodomor, deutscher Besatzung im Zweiten Weltkrieg, Zerstörung des Dorfes und Deportationen zur Zwangsarbeit nach Deutschland kehrte nun im Februar 2022 die Gewalt zurück. Peremoha musste einen Monat lang russischen Besatzungsterror erleiden.
Friedenstüchtig werden, mehr als kriegstüchtig – darum ging es in der ersten Tagung, die die Martin-Niemöller-Stiftung und der Dietrich-Bonhoeffer-Verein nach ihrer Vereinigung gemeinsam veranstalteten. Knapp 100 Interessierte trafen sich im Evangelischen Augustiner-Kloster in Erfurt vom 7. bis 9. März 2025. 
Der Theologe und Sozialwissenschaftler Franz Segbers warnte, die massive Aufrüstung auf Schuldenbasis werde erhebliche Einschnitte in die Sozialsysteme und eine Gefährdung des sozialen Friedens nach sich ziehen. Margot Käßmann erinnerte an die Grundlinien der christlichen Gewaltfreiheit und kritisierte eine militarisierte Sprache, die Feinbilder schaffe wo eigentlich vertrauensbildende Maßnahmen nötig seien. Die Tagung machte deutlich: Friedenspolitik, Sozialpolitik und Umweltpolitik gehören zusammen.



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